Freitag, 31. Juli 2009

Warum ein Windhund ? - Teil 1

von Dr. Margrit Miekeley

Windhunde werden allgemein in europäische und orientalische Rassen eingeteilt, wobei einige ihrer Rassebezeichnungen schon einen Hinweis auf ihre Herkunft geben. Alle Windhunde vermitteln den Eindruck des Besonderen; denn man sieht sie nicht so oft wie andere Hunderassen. Und tatsächlich bis zum 19. Jahrhundert waren es die Hunde der adligen Herrschaften und fanden bei der Jagd ihre Aufgabe.
Windhunde oder auch Hetzhunde, wie sie nach der Art des Jagens genannt werden, erhielten erst die Aufmerksamkeit des Bürgertums im Zeitalter der Industrialisierung. Dieses dokumentierte mit diesen Hunden, dass es sich nun auch erlauben konnte, eine solche Rasse zu halten. Ein Windhund verlangt von seinem Besitzer täglich viel Auslauf, damit seine Kondition trainiert und sein Aussehen Art typisch bleibt. Windhunde stellen, wie jedes andere Haustier auch, besondere Ansprüche an den Menschen. Ihre eigentliche Funktion, für die sie gezüchtet wurden, ist die Jagd. Da diese aber ausschließlich den Jägern heute vorbehalten ist und viele Wildtiere unter Naturschutz stehen, haben sich Windhundbesitzer einen sinnvollen Ersatz einfallen lassen: Bahn- und Querfeldeinrennen (Coursing) im eingezäunten Gelände. Der Hund läuft instinktiv einem davon flitzenden Plastikfetzen hinterher. Hier handelt es sich um sportliche Wettbewerbe, die Hund und Mensch Spaß bereiten, weil es lediglich um Titel und Pokale geht. Dabei kann der Windhund nach Herzenslust laufen, wofür er gezüchtet wurde und was seine Anatomie zeigt - lange Beine, tiefer Brustkorb, bewegliche Wirbelsäule sowie voluminöses Herz und Lunge. Der Satz stimmt: "Die Seele eines Windhundes will laufen".

Windhunde etwas Besonderes

Wie kam ich also zu einem Windhund? Schon als Kind sollte es immer etwas Besonderes sein. Eines Tages sah ich einen russischen Windhund (Barsoi) in der Nachbarschaft meiner Großmutter, der für mich die Vornehmheit in Vollendung darstellte und durch Eleganz und Grazie in seinen Bewegungen einen immerwährenden Eindruck hinterließ. Damals war ich schon als Kind von einem Windhund und seiner Schönheit so angetan, dass ich mir mit sechs Jahren schwor, solch ein Hund sollte es mal irgendwann sein. Ich beobachtete genau, wie sich dieser Hund bewegte. Er trabte nicht, nein - er schwebte. Er schnappte nicht nach meiner Hand als ich ihm ein Stückchen meines Butterbrotes hinhielt, sondern nahm es mir vorsichtig aus den Fingern. Auch ließ er sich geduldig liebkosen, obwohl er nicht viel größer war als ich. Ein Windhund ist eben durch und durch Aristokrat in seinem Verhalten.

Grazie und Ästhetik in Vollendung (Saluki)

Es vergingen viele Jahre. Als Spätachtundsechzigerin, die gerade ihr Lehrerexamen bestanden hatte, sollte es nicht nur ein Hund sein, der elegant und grazil ist, sondern auch irgendwie extravagant und individualistisch zugleich; denn es war die Zeit der Hippies und von der "Flower-Power-Bewegung". Mein Hund sollte Charakter haben und auch einen eigenen Willen wollte ich ihm selbstverständlich gerne zugestehen. So kam ich mit 25 Jahren zu meinem ersten Windhund, ein völlig pflegeleichter Hund der Rasse Whippet. Diese kleine Windhundrasse zeichnet sich bei einem äußerst liebenswürdigen Charakter durch etwas einfachere Haltungsanforderungen aus. Überall, wo man mit einem solchen, für manchen Geschmack, zu dürren und außergewöhnlichen Hund auftauchte, hatte man erst einmal die Aufmerksamkeit auf seiner Seite. Manchmal waren aber auch Fragen zu beantworten, warum der Hund so dünn sei, ob er vielleicht doch nicht satt zu essen bekäme. Nein, dieser Hund war von Natur aus so schlank und blieb es auch, wenn er ausreichend Bewegung fand. Ich konnte mit den Fragen gut umgehen und hatte keine Mühe sie passend zu beantworten.

Ich wollte einen Hund, dem kein hündischer Gehorsam zu eigen war, mit dem ich nur im Kommandoton sprechen sollte. Ich wollte einen Hund, der zu mir passte, der als Familienmitglied mit mir in meiner Wohnung lebte, der auch Ansprüche und Vorlieben entwickeln durfte. Dieser Hund war für mich damals Partner zugleich. Was das partnerschaftliche Verhältnis anging, da hatte ich die Rasse Windhund aber tüchtig unterschätzt; denn ich lernte die Orientalen unter den Windhunden kennen.

Eigenarten von Windhunden

Schon mein erster Windhund, ein Vertreter der europäischen Windhundrassen, bereitete mich auf meine spätere Erfahrungswelt mit orientalischen Windhunden vor. Diese sollten mich dann vollends in Beschlag nehmen, weil sie es ausnahmslos gut verstehen, genau dosiert "ihre" Menschen auf ihren "Dienst" vorzubereiten.

Die Ohren des Saluki sind auf Durchzug gestellt

Mein zweiter Hund war ein arabischer Windhund (Sloughi), worauf ein persischer (Saluki) folgte. Diese Hunde erwiesen sich als wahre Seelenräuber, weil sie nämlich dazu imstande sind, langsam und wohldosiert dem Menschen in aller Liebenswürdigkeit beizubringen, dass sie dieses oder jenes nicht fressen oder nicht tun möchten. Irgendwann haben sie es dann doch geschafft, dass man dem Hunde zuliebe den Weg geht, den sie wollen oder das man das in den Futternapf gibt, was sie gerne mögen. Wenn der Mensch nicht höllisch aufpasst, ist ein Windhund schnell verwöhnt. Dann gibt es noch andere Rassen unter den orientalischen Windhunden, nämlich Azawakh und Afghane. Auch sie sind in der Lage, Menschen zu ihrem Dienstpersonal umzufunktionieren, ohne dass sie es bemerken. Und was das Eigenartige ist, dass Windhund-Menschen es sich für ihre Lieblinge gerne gefallen lassen! Wie schaffen es diese "besonderen" Wesen, dass sich "die Krone der Schöpfung" gerne in den Frondienste dieser Seelenfänger stellt? Ganz einfach, indem sie sich dazu herablässt, auf ihre Ansprüche auch nur einmal einzugehen.

Laufen - ein unbedingtes Bedürfnis


Coursings und Bahnrennen sind für einen Windhund eine wunderschöne Beschäftigung. Es gibt nämlich nichts Schöneres, als dass diese Hunderasse nach Herzenslust laufen darf. Dafür reicht auch schon eine große, eingezäunte Wiese. Das ist sein Anspruch, den er jeden Tag einfordert. Wenn ich meinem Saluki dieses Vergnügen gönnet, schaue ich in zwei glückliche Hundeaugen und in ein lachendes Windhundgesicht.

Sein schönstes Metier - das Laufen

Dieser Ausdruck in den Augen eines laufenden Saluki verrät eine Leidenschaft, die nicht unterschätzt werden darf. Ein Windhund ist zum Laufen geboren! Wenn ich als Mensch jedoch diese Liebe mit meinem Hund teile, dann kommt es zu einer Einheit, die auf beiden Seiten zu einem glücklichen Miteinander führt und zu einer langen Freundschaft zwischen Hund und Mensch andauert. Und so kommt es, dass dieser Mensch in den Diensten eines am Laufen Besessenen steht und daraus entwickelt sich zugleich eine Passion. Das ist in dem Fall aber nicht mehr der flüchtende Hase, sondern eher des davon sausenden Plastikteils auf der Rennbahn. Es ist vielleicht auch einfach nur der Spaß an der Bewegung. Wer nun meint, gerade diese Hunderasse sei ein Spiegelbild des Menschen, der diesen Hund hält, der liegt mit dieser Annahme nicht falsch. Windhunde und ihre Menschen stellen nämlich eine besondere Spezies unter den Hundehaltern dar.

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