Freitag, 15. November 2013

Die Französische Bulldogge - Wo züchten wir hin? (Teil 1/2)

Die Französische Bulldogge wurde bereits in allerhand Portraits und Rassebeschreibungen erwähnt. Immer liest man vom herzigen, drolligen, kleinen Begleithund, der durch seine außergewöhnliche Optik und seinem liebenswerten Wesen einen immer größeren Liebhaberkreis erreicht. Und gerade diese Liebhaber, seien es Züchter, Vereine oder auch den Welpenkäufer möchte ich besonders ansprechen!
Die Bulldogge stammt von den zähen, mutigen und schmerzunempfindlichen Bullenbeißern ab. Dieses Erbe wird ihr oft zum Verhängnis, oder andersrum, hilft es ihr auch, Schmerz zu ertragen und trotzdem einen recht fröhlichen Eindruck zu verbreiten. Der kleine charmante Molosser wird, wie Teile der gesamten Rassehundezucht, in der letzten Zeit zunehmend als Qualzucht zitiert. Es gibt noch zu viele Verantwortliche, welche die dramatische Situation der Gesundheit des Bullys ignorieren, ja sogar negieren.

Nicht wenige Tierärzte raten vom Kauf der Bulldogge ab

Es ist nicht gerade rühmlich, dass man einen Rassehund züchterisch dermaßen verunstalten kann und er als Ergebnis vielfach ohne aufwändige Chirurgie nicht mehr lebensfähig ist. Mittlerweile bieten europaweit etliche Veterinäre Korrekturen der Atemwege an, wenn auch in ganz unterschiedlichen, teils fragwürdigen Qualitäten. Ein Beweis dafür, dass der Bedarf vorhanden ist. Es haben sich ganze veterinärmedizinische Fachrichtungen entwickelt, um den gezüchteten Hunden durch komplizierte Korrekturen ein artgerechtes Leben zu ermöglichen. Ein Pionier auf dem Gebiet der Brachyzephalie ist Prof. Dr. Gerhard Oechtering, der mit seiner entwickelten LATE-OP den übelst verstümmelten, weil auf übertriebene Kurzköpfigkeit gezüchteten Vertretern der Rassen hilft, ein beschwerdearmes Leben zu ermöglichen. Oftmals sind auch hier in Therapie Grenzen gesetzt, da man z.B. zu enge oder nicht ausreichend ausgebildete Luftröhren gar nicht korrigieren kann. Hinzu kommen oftmals Folgeerkrankungen des ausgeprägten brachyzephalen Atemnot-Syndroms, wie Erkrankungen des Herz- und Kreislaufsystems, Missbildungen der Gehörgänge etc. Nicht jeder Halter ist der daraus resultierenden finanziellen und emotionalen Belastung gewachsen. Zu vermittelnde oder schlimmer noch, nicht versorgte Hund sind daher nicht selten. Dieser Umstand alleine hätte zu einem entsetzten Aufschrei und Reaktion in Züchter- und Vereinskreisen führen müssen...tut es aber nicht!
...zwei Welten...

Eigentümliches Verständnis von Tierschutz und Liebhaberei

Auch wenn die Tatsache dieser Entwicklung gerne geleugnet wird, ist es keinesfalls so, dass die Überzahl der behandelten Bulldoggen nur den unkontrollierten und dubiosen Zuchten und Händlerkreisen entstammt. Man trifft auf eine gewisse Akzeptanz genetischer Krankheiten, man hört Ausreden, dass Erbgänge nicht geklärt sind, dass es ein Risiko der Natur ist, kranke Hunde zu züchten, und das ist schlichtweg falsch. Die überwiegende Ursache der Leiden jeder Rasse ist die Verwendung kranker Zuchthunde und falsches Zuchtmanagement!
Das Klientel hinter der Bulldogge hat mitunter, eine ganz eigene Definition von Tierschutz und Liebhaberei. Die Zucht gehört daher in verantwortungsbewusste Hände mit Sachverstand, ein umfassendes veterinärmedizinisches Wissen aufgrund der multiplen Erbkrankheiten ist sicher nicht von Nachteil.

Brachyzephales Atemnotsyndrom

Wie kann man das Brachyzephale Atemnotsyndrom erkennen und züchterisch vorbeugen und bestenfalls verhindern, dass behinderte Welpen, wenn sie denn laut Standard auch noch "schön" sind, in die Zucht gelangen? Eine Studie an diversen Möpsen belegt eindeutig, dass weder die Nasenlänge, die Größe der Nasenlöcher, noch der in einigen Clubs eingeführte Belastungstest klare Hinweise auf die Gesundheit der Atemwege schließen lässt. Die Beurteilung des eigenen Hundes muss auch in Frage gestellt werden, da viele Zuchthunde nicht an die Grenzen belastet werden. Mit Argumenten, die ja bereits wiederum auf die inherenten Probleme hindeuten wie z.B.: Der Bully ist etwas Besonderes, der Bully mag halt keine Sonne, der Bully teilt sich grunzender Weise mit etc. wird das Rasseproblem verniedlicht. Das sind missinterpretierte Symptome einer mittlerweile manifestierten Erbkrankheit! Etliche Bulldoggen mit funktionierender Thermoregulierung, auch bei kurz gezüchtetem Fang, überstehen muntere Spaziergänge bei 30 Grad und mehr. Hier sind die Proportionen von Nasenöffnung bis hin zur Luftröhre das entscheidene Kriterium. Und diese lassen sich anhand der Phänotypbestimmung, wie sie gerne auf Ausstellungen und Zuchtzulassungsprüfungen angewandt werden, nicht beurteilen.
Fährtenbully Quando, 11 Jahre und top fit
Thermoregulierung

Ob die Atemwege des Hundes frei und straff genug sind, ob die Thermoregulierung bei jeder Temperatur funktionieren kann, lässt sich nur durch die Untersuchung mittels CT und Endoskopie sicher feststellen. Zu oft ist man nach Auswertung der CT-Untersuchungen überrascht. Da ist der Deckrüde, der sehr ruhig und ausgeglichen ist und keine übertriebenen Geräusche verursacht, in den Nasengängen, die u.a. für die Thermoregulierung des Hundes verantwortlich sind, viel zu eng und weiträumig verlagert. Und da ist der andere gelegentliche Grunzer, der keine Verengungen der Atemwege aufweist, die zur Atemnot führen könnte. Vielleicht hat der eine Deckrüde aufgrund seines stoischen Temperamentes keine Schwierigkeiten, er kann mit seinen genetischen Anlagen aber eine Menge Unheil in seinen Nachwuchs bringen. Wirksame Zuchtprophylaxe, die eine größere Garantie für gesunde Hunde und zufriedene Welpenkäufer sichern, funktioniert hier nur mit gründlicher Diagnostik. Züchter und Vereine anderer Rassen, die ebenfalls ein Problem mit der Atmung hatten und schnell und umfassend reagierten und betroffene Hunde nicht zur Zucht verwendeten, beweisen eindrucksvoll, wie einfach man den Erbkrankheiten Einhalt gebieten kann. Hier sei der Norwich-Terrier erwähnt.
Madame, die Franz. Bulldogge von Christoph Jung wurde 14 Jahre
ohne je krank gewesen zu sein, war immer fit und hatte das typische, so überaus liebenswerte Bully-Wesen
Verantwortungsbewusste Zucht?

Ein weiteres Problem dieser durch Fehlinterpretation des Rassestandards in den letzten Jahren insgesamt viel zu kurz gezüchtete Rasse sind Deformationen an der Wirbelsäule und den Hüftgelenken. Ein zu kurzer Kopf und eine zu stumpfe Nase, die immer noch viel zu viele Menschen als pervertiertes Schönheitsideal sehen ist von außen gut erkennbar. Es liegt an Züchtern und Käufern selbst, sich solche Hunde für die Verpaarung oder auch für den Welpenkauf auszusuchen und somit den Markt zu bestimmen. Eine gestauchte Wirbelsäule mit all den multiplen Missbildungen, die einhergehen und ebenfalls die Lebenserwartung und Lebensqualität des einzelnen Tieres drastisch senken, ist für einen Laien von außen nicht zu erkennen. Generell kann man sagen, je kürzer der Rücken samt Rute, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Wirbel nicht ausreichend ausbilden können, Dornfortsätze und Wirbel krankhaft verschmelzen und im frühen Alter schmerzhafte Zubildungen entstehen. Eine erbliche Komponente ist hier sicher gegeben, Zuchtversuche haben bewiesen, dass man diese Stauchung in wenigen Schritten der Selektion entspannen kann, wenn man auf die Lage und Ausprägung der Veränderungen Rücksicht nimmt. Unikliniken sammeln Auswertungen für die Entwicklung von Gentests zur Bestimmung des Genoms der Keilwirbel und kommen mangels Proben nicht wirklich weiter.


Ein Artikel von Claudia Fuhrmann (Teil 1 von 2) 

Quellen:


 
Petwatch Blog